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Leukämie

Das HLA-System – die wichtige Rolle von Gewebemerkmalen

Für die Suche nach einer passenden spendenden Person spielen die Gewebemerkmale der Blutstammzellen von spendender und erkrankter Person eine entscheidende Rolle. Erfahren Sie in diesem Kapitel alles rund um die Gewebemerkmale bzw. das sogenannte HLA-System. 

Sie können die Bedeutung der Gewebemerkmale (HLA-System) für die Immunerkennung und die Blutstammzelltransplantation erklären.

Die HLA sind die individuellen Gewebemerkmale eines jeden Menschen. Sie werden von den Eltern an ihre Kinder vererbt. Das heisst, jeder Mensch erbt jeweils von der Mutter und vom Vater einen HLA-Merkmalssatz.

HLA bedeutet Humane Leukozyten Antigene (vom engl. Human Leucocyte Antigen) oder menschliche Leukozyten-Antigene. Mit deren Hilfe kann das Immunsystem eigenes von fremdem Gewebe unterscheiden. Bei einer Blutstammzelltransplantation spielt das HLA-System eine entscheidende Rolle.

Im Modul 1 im Kapitel haben Sie gelernt, dass es verschiedene Blutgruppen gibt. Diese werden aus den Merkmalen 0, A, B, AB und den Rhesusfaktoren «positiv» oder «negativ» gebildet. Jeder Mensch gehört somit einer dieser acht Blutgruppen an.

Bei den HLA-Merkmalen dagegen ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass zwei Menschen die völlig gleichen Gewebemerkmale haben. Denn weltweit sind aktuell über 17'000 Gewebemerkmale bekannt. Durch diese Vielzahl an HLA-Merkmalen ergeben sich Millionen von Kombinationsmöglichkeiten. Zwei gleiche HLA-Systeme zu finden, gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Das HLA-System enthält die Anleitung zum Bau von HLA-Proteinen. Die HLA-Proteine sind Eiweissmoleküle auf der Oberfläche vieler Körperzellen. Sie bestimmen den Gewebetyp eines Menschen und sind wichtig für die Immunerkennung und die immunologische Individualität. Die HLA-Proteine sind auch darauf spezialisiert, den körpereigenen Leukozyten körperfremde Antigene zu präsentieren. Sie präsentieren diese Antigene den T-Lymphozyten oder T-Zellen.

Abb. 4: Beispiel für die Immunerkennung durch HLA. Quelle: Blutspende SRK Schweiz (2023)
Abb. 4: Beispiel für die Immunerkennung durch HLA. Quelle: Blutspende SRK Schweiz (2023)

Abweichende HLA-Merkmale gelten als Hauptursache für die Abstossung von Transplantaten. Die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg einer Transplantation ist deshalb, eine spendende Person zu finden, deren HLA-Merkmale möglichst gut zu denjenigen der Patientin oder des Patienten passen.

Aus diesem Grund werden die HLA-Merkmale vor einer allogenen Blutstammzelltransplantation durch eine sehr aufwändige, aber genaue und sichere Methode bestimmt. Als Spenderin oder Spender kommen entweder leibliche Geschwister (Übereinstimmungschance liegt bei ca. 25%) oder geeignete nicht verwandte freiwillige Personen infrage, die in den entscheidenden Gewebemerkmalen mit der Patientin oder dem Patienten übereinstimmen.

Passen die HLA-Merkmale von spendender und empfangender Person gut zusammen, werden die transplantierten Blutstammzellen besser vom Körper akzeptiert.

Graft-versus-Host-Disease (GvHD)

Die Graft-versus-Host-Disease ist eine häufige Nebenwirkung der allogenen Blutstammzelltransplantation. Sie tritt etwa bei einem Viertel bis zur Hälfte aller Patienten oder Patientinnen nach einer Transplantation auf. Übersetzt auf Deutsch bedeutet sie «Spender-gegen-Wirt-Erkrankung». Sie wird auch als umgekehrte Abstossungsreaktion bezeichnet.

Um die umgekehrte Abstossungsreaktion zu verstehen, sind folgende Informationen wichtig: Ein gesundes Immunsystem versucht lebenslänglich, alle körperfremden Zellen und Organismen zu vernichten, die in den Körper eindringen. Dadurch kann der Körper Infektionen bekämpfen.

So kommt es beispielsweise nach einer Organtransplantation zu einer Abstossungsreaktion auf das transplantierte Organs. Um diese zu verhindern, muss das Immunsystem nach einer Organtransplantation lebenslänglich mit Medikamenten, den sogenannten Immunsuppressiva, unterdrückt werden.

Im Falle einer Blutstammzelltransplantation ist diese Abstossungsreaktion genau umgekehrt. Hier wird das Immunsystem der erkrankten Person vor der Transplantation durch die Chemo- und Bestrahlungstherapie zerstört. Danach erhält die Patientin oder der Patient ein neues Immunsystem von der spendenden Person. Da es sich jetzt in einem «fremden» Körper befindet, kann es diesen abstossen. Je grösser die Unterschiede bei den Gewebemerkmalen zwischen der empfangenden und der spendenden Person sind, desto höher ist das Risiko für eine umgekehrte Abstossungsreaktion.

Eine umgekehrte Abstossungsreaktion kann an verschiedenen Organen des Körpers auftreten. Haut, Augen, Mund, Leber, Magen und Darm sind am häufigsten betroffen. Zum Beispiel in Form von Hautausschlägen, Augen- und Mundtrockenheit, Schmerzen in den Gelenken oder starke Müdigkeit und Konzentrationsstörungen.

GvHD kann sich mild ausprägen, sie kann aber auch lebensgefährliche Formen annehmen.

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